Unser Hobby: Astronomie

Die internationale Raumstation - Der erste Mensch auf dem Mars - Eine bewohnte Station auf dem Mond - Die Suche nach Planeten um fremde Sterne - Das alles sind astronomische Themen, die die Menschheit des 21. Jahrhunderts vielleicht noch miterleben werden, wenn bis dahin unser Ökosystem noch intakt ist und kein großer Krieg ausbricht.
Die Sternfreunde Kelheim e.V. wollen zwar nicht zum Mars fliegen oder auf dem Mond Stationen errichten, sondern vielmehr die Freude an der Himmelsbeobachtung vermitteln und das astronomische Wissen in der Bevölkerung fördern.
Die Astronomie hat viele Facetten und man kann als Liebhaberastronom sogar an internationalen Forschungsprogrammen teilnehmen. Das erfordert noch nicht einmal einen großen materiellen Aufwand, dafür muss man viel Zeit aufbringen.
Oder man ist ganz einfach ein Sternfreund, der ab und zu Spaß daran hat, den gestirnen Himmel zu sehen, vielleicht die Bewegung der Planeten am Firmament faszinierend findet oder gerne eine ganze Nacht lang im Liegestuhl, dick eingepackt in mehrere Schichten Kleidung, nach Sternschnuppen Ausschau hält.

Verschiedene Richtungen der Astronomie beschäftigen sich z.B. mit Astrofotografie, der Beobachtung von Sternen, die ihre Helligkeit ändern, mit Meteorbeobachtung, Kometenbeobachtung, Planeten, der Deep-Sky Beobachtung oder der Sonnenbeobachtung.


Astrofotografie

Auch Fotografen finden an der Himmelssphäre eine Menge lohnenswerter Motive. Wer einmal ein Astrofoto schießen will, sollte mit Strichspuraufnahmenen beginnen: Weil sich die Erde dreht, bewegen sich alle Gestirne am Himmel scheinbar auf Kreisbahnen. Der Polarstern steht deshalb augenscheinlich immer an der gleichen Stelle am Himmel, weil er sehr nahe an der "Nabe" dieser Bewegung sitzt, am Schnittpunkt der (gedachten) Himmelskugel mit der (gedachten) Verlängerung der Erdachse. Die "normalen" Sterne beschreiben Kreisbahnen um diesen sog. "Himmelspol". Diese Kreisbahnen kann man mit Hilfe eines Fotoapparats festhalten. Die Kamera muss jedoch auf eine sehr lange Belichtungszeit (ab 10 Minuten) einstellbar sein. Bei herkömmlichen Spiegelreflexkameras gibt es dafür die Einstellung "B" oder auch "T". Benutzen Sie am besten ein Normal- oder Weitwinkelobjektiv (Brennweite ca. 20 bis 60 mm), richten Sie die Kamera auf den klaren Himmel und befestigen Sie sie stabil auf einem Stativ oder legen Sie irgend etwas unter, so dass das Ganze nicht wackelt.

Am schönsten werden Fotos, bei denen der Polarstern mit im Bild ist, da man dann schön die Bewegung der Sterne um den Himmelspol erkennen kann. Den Kameraverschluss können Sie bis zu mehreren Stunden geöffnet lassen. Beachten Sie aber, dass ein aufgehellter Himmel (Mond, künstliche Beleuchtung, Nebel...) schon nach wenigen Minuten Belichtungszeit störend wirken kann, je nach Blende und Filmempfindlichkeit. Um die Schärfe zu verbessern, blenden Sie das Objektiv um 1 bis 2 Blendenstufen ab. Auf dem entwickelten Film erkennen sie dann Kreisausschnitte mit verschiedenen Radien, die durch die Bewegung der Sterne entstanden sind.

Astrofotos mit punktförmigen Sternen erhält man nur, wenn man die Kamera während der Belichtung "nachführt", d.h. man befestigt die Kamera auf einer Montierung, die die scheinbare Drehung des Himmels ausgleicht, sich also mit der scheinbaren Himmelskugel dreht. Zusätzlich überwacht man mit einem Teleskop, das auf der gleichen Montierung befestigt ist, an einem "Leitstern", ob sich die Montierung mit der richtigen Geschwindigkeit dreht und gleicht kleine Abweichungen mit Feinbewegungen aus.


Veränderliche Sterne

Schon im Altertum war den Menschen aufgefallen, dass manche Sterne nicht mit konstanter Helligkeit leuchten. Ein bekannter Stern im Perseus, Algol, ist ein typischer Vertreter dieser Sterne: Er stellt nach der Sage das Auge des Ungeheuers Medusa dar, das von Perseus getötet worden war. Die Menschen glaubten, dass das Auge blinken würde, als der Stern seine Helligkeit änderte.

Algol gehört zu den sog. Bedeckungsveränderlichen: Es handelt sich dabei um Doppelsternsysteme, bei denen der eine Stern einmal pro Umlauf den anderen bedeckt (von der Erde aus gesehen). Dadurch wird ein Teil des Lichts, das uns normalerweise von beiden Sternen zusammen erreicht, "ausgeblendet" und der Stern scheint dunkler zu werden. Umgekehrt tritt dieser Effekt auch auf, wenn der erste Stern hinter dem zweiten vorbeizieht. Der Effekt ist sehr regelmäßig und dauert meist nur einige zehn Minuten oder Stunden.

Eine andere Klasse der Veränderlichen sind Pulsierende Sterne: Sie blähen sich auf, ihre Oberfläche wird größer und sie senden mehr Licht aus, werden also heller. Irgendwann kehrt sich der Vorgang um: sie ziehen sich wieder zusammen, ihre Oberfläche wird kleiner und strahlt deshalb weniger Licht aus. Der bekannteste Vertreter dieser Sterne ist Mira im Walfisch. Bei ihrer Maximalhelligkeit erscheint sie wie ein normaler Stern, im Minimum ist sie unsichtbar, weil sie so schwach leuchtet. Diese Veränderungen ziehen sich meist über einen Zeitraum von vielen Monaten hin.

Auch Novae zählt man zu Veränderlichen Sternen. Es gibt auch Novae, die immer wieder ausbrechen.


Meteorbeobachtung

Die Meteorbeobachtung ist eines der (ent)spannendsten Gebiete der Astronomie: Man liegt die ganze Nacht unter dem Sternenhimmel und wartet auf die Sternschnuppen. Sternschnuppen sind nichts anderes als Staubteilchen, die im All herumtreiben. Wenn sie in die Erdatmosphäre eintreten, verglühen sie und ionisieren dabei die Luft. Die ionisierten Luftmoleküle kehren wieder in ihren Ausgangszustand zurück, aber geben dabei Energie ab, auch in Form von Licht, das wir als Meteor sehen. Es gibt besondere Nächte im Jahr, an denen besonders viele Sterne vom Himmel fallen. Wenn die Erde die Bahn eines Kometen durchquert, der im Lauf der Zeit viel Staub verloren hat, kann man besonders viele Sternschnuppen sehen. Um den 12. August treten die "Perseiden" auf, benannt nach dem Sternbild Perseus, aus dem scheinbar alle Perseiden-Meteore kommen. Das liegt einfach daran, dass die Meteore aus Richtung Perseus in die Atmosphäre eintreten. Wie Eisenbahnschienen auf einer langen, ebenen Strecke am Horizont aus einem Punkt zu kommen scheinen, fliegen auch die Meteore aus dem unendlichen All scheinbar von einem Punkt aus auf uns zu.

Ein anderer sog. Meteorstrom sind die Leoniden (nach der Konstellation Löwe, lat. Leo, benannt). Sie sind normalerweise nicht ganz so auffällig, aber für 1999 wird eine große Anzahl von Sternschnuppen (ca. 1000 pro Stunde) erwartet. Sie werden im November auftreten und von Mitteleuropa wahrscheinlich gut sichtbar sein.


Kometenbeobachtung

Für die Kometenbeobachtung braucht man ein lichtstarkes Teleskop oder Fernglas und einen dunklen Himmel. Denn Kometen sind verwaschene Flecken am Himmel, meistens kann man keine Struktur beobachten. Nur bei sehr hellen Kometen wie Hale-Bopp können ausgeprägte Schweife und Jets gesehen werden. Die meisten Kometen erfordern aber schon ein Fernrohr. Trotzdem ist es oft interessant, ihre Bewegung am Firmament und durch das Sonnensystem zu verfolgen. Manche Kometen durchqueren in wenigen Wochen die halbe Himmelskugel.


Planeten

Die Planetenbeobachtung dagegen kann auch unter mäßigeren Bedingungen durchgeführt werden. Hier stört ja ein etwas hellerer Himmel, z.B. in der Stadt, nicht so sehr. Dagegen muss die Luft sehr ruhig sein, damit auch feinste Details auf den Planeten sichtbar werden.

Um die zu erkennen, reicht ein Fernglas leider nur beim Mond noch aus, aber hier leistet es hervorragende Dienste. Man kann nämlich - im Gegensatz zum Teleskop - größere Himmelsausschnitte sehen und so z.B. Begegnungen zwischen Mond und Planeten verfolgen. Aber natürlich ist auch ein Fernrohr für die Mondbeobachtung gut geeignet. Der Mond erscheint hier übrigens am eindrucksvollsten, wenn er etwa halb beleuchtet ist: Jetzt werfen die Berge und Krater oft lange Schatten, deshalb sind Konturen gut sichtbar. Es macht Spaß zu verfolgen, wie im Laufe einer Nacht ganze Bergketten in Sonnenlicht tauchen oder wie langsam der Boden eines Kraters aus dem Schwarz heraustritt und schließlich ganz beleuchtet ist. Bei der Planetenbeobachtung kann man auf folgenden Planeten mit einem Fernrohr mit 6 cm Objektivdurchmesser etwa folgendes erkennen:

  • Merkur: Unter guten Bedingungen die Phasen
  • Venus: Phasen, Änderung des scheinbaren Durchmessers
  • Mars: große Ebenen und Gebirge, Polkappen, u.U. Sandstürme
  • Jupiter: vier Monde, zwei bis drei Wolkenbänder auf dem Planet, große Flecken
  • Saturn: Saturnringe, einige Monde, auffällige Wolkenbänder
  • Uranus: Scheibe, grünliche Farbe
  • Neptun: Scheibe
  • Pluto ist nur mit größeren Fernrohren zu sehen


Deep Sky

Der Begriff Deep-Sky umfasst alle Himmelskörper außerhalb des Sonnensystems. Das sind z.B

  • Galaxien: andere Milchstraßensysteme.
    Berühmt: Der Andromedanebel im Sternbild (wie könnte es anders sein) Andromeda. Er ist schon mit dem nackten Auge sichtbar.
  • Sternhaufen
    Offene Sternhaufen: das sind lockere Ansammlungen von Sternen in unserer Milchstraße. Manchmal sind auch noch Gasreste um die Sterne zu sehen, z.B. bei den Plejaden (auch Siebengestirn genannt).
    Kugelsternhaufen: sind kugelförmige Sternansammlungen, die in großen Teleskopen in Einzelsterne aufgelöst werden können. Schon ein Fernrohr von 10-15 cm Objektivdurchmesser zeigt in den Außenbezirken, wo die Sterne nicht so dicht gedrängt sind, einzelne Sterne.
  • Gasnebel
    Planetarische Nebel: Überreste eines alten Sterns, der in einer Explosion seine äußere Hülle abgestoßen hat.
    Reflexionsnebel: Gasnebel, die das Licht (kosmisch) "benachbarter" Sterne reflektieren.
    Emissionsnebel: Diese Gasnebel werden von meist recht jungen Sternen zum eigenen Leuchte angeregt.
    Dunkelnebel: Diese Nebel können wir nur indirekt sehen, da sie nicht selbst leuchten. Sie verraten sich dadurch, dass sie das Licht von hinter ihnen liegenden Sternen schwächen oder schlucken.
  • Doppel- und Mehrfachsterne können oft einen schönen Farbkontrast haben. z.B. Albireo im Schwan: ein Stern ist blau, der andere orange
  • Veränderliche Sterne
  • Quasare ...


Sonnenbeobachtung

VORSICHT!

Denn schon ein Fernglas sammelt so viel Licht, dass beim direkten Blick in die Sonne irreparable Schäden entstehen!

Auch mit dem bloßen Auge darf man NIE ungeschützt in die Sonne blicken. Auch CDs, schwarze Diafilme oder Ähnliches schützen nicht ausreichend vor der gefährlichen UV- und Wärmestrahlung. Die einzige Abhilfe bieten Sonnen-Sicht-Brillen mit einer speziellen Folie die im astronomischen Fachhandel für ein paar Euro pro Stück verkauft werden. Für Teleskope und Ferngläser kann man sich mit der gleichen Folie, die in großen Bögen (50x100 cm²) z.B. von der Fa. Baader Planetarium angeboten wird, einfach einen Objektivfilter bauen.

Von mitgelieferten Okularfiltern bei "billigen" Kaufhausteleskopen ist dringend abzuraten, weil sie nach ein paar Minuten Beobachtung durch die starke Wärmeentwicklung platzen können und dann das Auge der vollen Strahlung ausgeliefert ist.

Wenn alle erforderlichen Schutzmaßnahmen getroffen wurden, kann man mit einem kleinen Fernrohr gefahrlos die Sonne anschauen und sieht folgendes:
  • Sonnenflecken: Kalte Gebiete in der Sonnenatmosphäre, die im Fernrohr dunkel erscheinen und ihr Erscheinungsbild innerhalb von Stunden ändern.
  • Fackeln: Heiße Gebiete in der Sonnenoberfläche, die etwas heller sind als die Umgebung.


Wie Richard Ludacka zur Astronomie kam

Es waren "wilde" Zeiten damals in den sechziger Jahren. Vietnamkrieg, Studentenrevolte, Wettlauf zum Mond... wie kommt ein junger Mensch in solchen Zeiten zu einem beschaulichen Hobby wie der Astronomie?

Nun, ich war damals Insasse des Bischöflichen Knabenseminars St. Valentin zu Passau. Mein Alltag war geprägt von Schule und streng geregelter Freizeit hinter Klostermauern. Als in Erdkunde in der 10. Klasse (damals 6. Klasse) Astronomie "dran" war, legte uns unser Lehrer nahe, die zwei(!) Seiten im Buch selbst zu lesen; er wolle das Thema übergehen, da er nichts davon verstehe und in dieser Wissenschaft sowieso alles ungesichert sei... Mich machten die zwei Seiten jedoch neugierig. Ich wollte mehr wissen und kaufte mir für DM 2,50 das Astronomiebüchlein der Delphinbücherei. Damit konnte ich die ersten Sternbilder identifizieren: Am meisten beeindruckte mich damals im Sommer ´69 der Skorpion mit dem funkelnden Riesenstern Antares. Ein Taschenbuch von Werner BÜDELER - einigen vielleicht noch bekannt als Reporter bei der ersten Mondlandung - über das Steckenpferd Astronomie begeisterte mich so sehr, dass ich mein gerade für ein Tonbandgerät zusammengespartes Geld für mein erstes Fernrohr ausgab: einen 2 Zoll-Refraktor mit 910 mm Brennweite aus dem Hause Neckermann. Ich hatte keine Ahnung, wo die Planeten am Himmel zu finden waren und "klapperte" die helleren Sterne in den Sommerferien mit meinem Teleskop ab; unvergesslich der Augenblick, als sich einer der "Sterne" als Saturn mit deutlich erkennbarem Ring bei 45,5 facher Vergrößerung entpuppte. Als 1970 dann noch der helle Komet BENNET am Nordosthorizont über den Wäldern des Bayerischen Waldes auftauchte, war für mich klar: die Astronomie wird dich wohl nicht mehr loslassen.

Ein Freund aus Regensburg kam in den Ferien zum Beobachten in den Bayerischen Wald: Er besaß einen Eigenbau-Refraktor mit einem FRAUNHOFER-Objektiv 70/1000mm. Damit war die Cassini-Teilung wunderbar zu sehen, auch Doppelsterne ließen sich besser auflösen. Ein besseres Objektiv musste her: Die Fa. Spindler&Hoyer bot ein verkittetes 60/800mm-Objektiv zu einem Spottpreis an: Gekauft, Tubus um 110 mm verkürzt, und fertig war mein neues Wunderfernrohr. Fünf Jahre nutzte ich damit vor allem die Sommerferien, um den Himmel "abzugrasen". Den Traum von einem größeren Fernrohr konnte ich mir dann während meines Studiums erfüllen: Ein 150/1200mm - NEWTON der Fa. Alt wurde auf eine selbstgebastelte Montierung aus einem alten Butterrührer und Holzbrettern montiert: Heute würde man sowas wohl DOBSON nennen! Damit wagte ich eine Mitarbeit als Veränderlichenbeobachter bei der AAVSO. Sterne 14. Größe konnte man damals noch mitten aus einem Bayerwalddorf heraus erreichen: in Innernzell gab es nur zwei Straßenlaternen!
Bald darauf hatte auch das ewige Auf- und Abbauen des Teleskops ein Ende: Mein Vater opferte einen Urlaub für den Bau einer Klappdach-Sternwarte, die "DOBSON"-Montierung  wurde durch eine professionelle REGULUS-Montierung der Fa. Witte & Nehls ersetzt und das Fernrohr auf eine Betonsäule mit bombenfestem Zweikubikmeterfundament gesetzt. Jetzt konnte ich endlich auch Planetenfotografie mit langen Äquivalentbrennweiten wagen.

Spezialisiert habe ich mich in all den Jahren eigentlich nicht: Mich interessieren alle Himmelsobjekte und astronomischen Gebiete, vor allem die Kosmologie und das Beobachten aus "Spaß an der Freud"... damals noch untermalt von "Musik zum Träumen" von Ö3, jede Nacht ab 23 Uhr... 


Sternstunden von Horst Heidenreich

Es gibt Bücher, die nicht nur den Verstand, sondern auch die Seele anrühren. Zu diesen musste "Aus fernen Welten" von Bruno H. Bürgel gezählt haben; es veranlasste einen etwa Dreizehnjährigen dazu, die Lichtermenge am Firmament mit einem geliehenen Fernglas zu betrachten. In dieser Zeit (1942) mussten ja alle Fenster mit schwarzem Papier "verdunkelt" werden. Bekannt waren mir aus dem Buch der "Große Wagen" und der "Orion", die unglaubliche Fülle der Sterne war verwirrend! Über der Zukunft lag ein dunkles Damoklesschwert, aber der Himmel strömte (wie vielleicht schon den Babyloniern) Beruhigendes, an eine höhere Ordnung und Macht Erinnerndes aus. Mit einem bikonvexen Brillenglas - und dem Okular eines Theaterglases - entstand ein Fernrohr, das die Sterne nach Galilei'scher Art heller zeigte. Dann erhielt ich vom Kosmos-Verlag einen "Planetenzeiger" mit bunten Stecknadeln in der Ekliptikebene. Henselings Sternbüchlein (Das spätere "Himmelsjahr") und der Becker'sche Atlas, in dem viel von sphärischer Astronomie stand, waren meine Lieblingslektüre. Ein Höhepunkt war ein vom "Humboldt-Verein" (der sich mit fast allen Naturobjekten, aber auch Kultur befasste!) arrangierter Besuch der Uni-Sternwarte. Mit Begeisterung beobachtete ich damals aber auch eine "Invasion" des osteuropäischen Seidenschwanzes im Breslauer Stadtpark.

Sternstunde 2: Kelheim nach dem Krieg, Donaubrücke zerstört, am Donauufer lagen riesige Steinquader! Dort stellte ein nun Zwanzigjähriger im Beisein von Freunden seinen "Zweizöller" auf. Sie sahen das Siebengestirn und den Saturn. Der Ring war nicht nur bei 65x, sondern sogar bei der halben Vergrößerung zu erkennen. Weil einer der Freunde bei der Presse arbeitete, stand die Beobachtung hernach sogar in der Zeitung. Später gab ich das etwas sekundäres Spektrum zeigende Instrument im Tausch gegen ein Mikroskop fort, aber dann stand doch wieder ein 60-mm-QUELLE-Refraktor, diesmal mit Feinbewegung, auf dem Balkon. Er dient noch heute zur Sonnenprojektion. (Am 11.8.99 konnten mehrere Exkursionsteilnehmer die fast ganz verfinsterte Sonne einfach vom Projektionsschirm fotografieren. Nur der erhoffte Blick zur Korona war uns verwehrt, doch war auch der zwischen Wolkenlücken tiefdunkle Himmel mehr als beeindruckend.)

Es brauchte wiederum drei Jahre, bis sich dann über ein Jahrzehnt währende, fast tägliche Himmelsbeobachtungen, nun mit einem 90-mm-Refraktor, anschlossen. An einer Super-Polaris-Montierung wurde der unbequem erscheinende RA-Ring durch eine Stundenwinkel-Bezifferung (die gegenläufig ist) ergänzt (Stundenwinkel 0h ist die Südrichtung, der "Meridian"). Zum Einstellen nach Koordinaten diente ein erst nach vielen Vorversuchen entstandener Rechenschieber, auf welchen ich die Örter der für mich interessanten Objekte eintrug. Die Deklinationen standen auf der Rückseite. Es ließen sich 10 Minuten RA auf 5 mm Millimeterpapier unterbringen, so dass der Rechenschieber handlich blieb. Man konnte noch die Minute einstellen. Jetzt war die Ortssternzeit sehr leicht aus dem Stundenwinkel eines passend stehenden Leitsterns zu bestimmen und eine Uhr danach zu stellen. So konnten nun auch im Sucher nicht erkennbare Objekte eingestellt, und, was noch mehr Spaß machte, beim Spazierensehen entdeckte Sternhaufen, Doppelsterne etc. "ortsmäßig", nach ihren Koordinaten, bestimmt werden, was ihre Identifizierung erlaubte. (In der heutigen Zeit nutzt der Amateur Geräte wie "Skymaster" oder ähnliche High-Tech-Elektronik für solche Zwecke.) Ich erinnere mich noch nach Jahren an "Brocchis Cluster", der ganz zufällig gefunden wurde, an Herschels Granatstern µ Cephei und andere. Herschel hatte diesen als einen tiefroten Granat inmitten eines Kreuzes von Diamanten bezeichnet - letztere sieht man aber nur bei schwacher Vergrößerung in einem Gesichtsfeld, sie sind auch bei geringerer Öffnung nicht so überzeugend hell.

Eine weitere "Sternstunde" war die Mars-Opposition von 1988, bei der trotz tiefstehendem Mars nach Mitternacht so klare Sicht auftrat, dass nicht nur Polkappe und Große Syrte, sondern auch die Albedo-Formation Sabaeus Sinus sehr kontrastreich zu sehen waren. Erstere sah man auch im 60-mm-Rohr. Ein einprägsames Erlebnis war eine im "Himmelsjahr" nicht angekündigte gegenseitige Bedeckung zweier Jupitermonde, ein unglaublich schönes Schauspiel, das weit mehr als 20 Minuten andauerte. Mit einem größeren Instrument hätte man die Ein- und Austrittszeiten genau bestimmen können. Als fast ewiger Bastler habe ich auch eine Mikrometerskala (vom Mikroskop) in ein 5-mm (bzw. 40-mm)- Okular gesetzt und Messungen an Doppelsternen durchgeführt (was angeblich ohne Motor gar nicht geht). Die gefundenen Werte waren erstaunlich nahe an den offiziellen Angaben. Die Formeln hierzu gibt uns Dr. Ahnert in der "Kleinen Praktischen Astronomie". In einem Jahr war das "Himmelsjahr" vergriffen, ich wollte aber dennoch Venus am Taghimmel einstellen. In Schroeders "Praktische Astronomie für Sternfreunde" (1962) wird gezeigt, wie man den Ort eines Planeten ohne höhere Mathematik mit Hilfe von Zirkel, Winkelmesser und Parallelenlineal bestimmt. Das Letztere musste ich, es kostete mehrere Versuche, selbst basteln. In jedem Fall stand die Venus dann tatsächlich am so berechneten Ort zwischen den Wipfeln des Hohenpfahlberges, ich hatte sie nur des tiefen Standes wegen mit bloßem Auge nicht gesehen.

Der schnelle Merkur wurde über Jahrzehnte gesucht und nie gefunden. Schließlich wurde sein Ort zwischen den "Ephemeridentagen" graphisch interpoliert und der Planet dann zweimal, aber erst als beinahe "Vollmerkur" aufgefunden. Er stand dabei etwa 7° links der Sonne. Bei einer westlichen Elongation, bei der die Sonne bei einer kleinen Unaufmerksamkeit ins Gesichtsfeld laufen könnte, wäre das wahrscheinlich zu gefährlich gewesen. Eine Dämmerungsbeobachtung ist wegen fehlender Sicht zum Horizont nicht möglich. Auch von Standorten mit Horizontblick war das Auffinden vorher nie gelungen!

Genug der Plauderei über ein beinahe lebenslanges Astro-Hobby. Viel Freude bereitet stets der Besuch auf Sternwarten, einmal auch auf einer Wetterstation. Bei einem Besuch im Deutschen Museum konnten die Sonnenprotuberanzen ausführlich in einem H-alpha-Ansatz betrachtet werden. Hierzu wurde der 30-cm-Refraktor auf halbe Öffnung abgeblendet. Und wenn dann vielleicht noch Jupiter groß wie ein Fünfmarkstück im Fernrohr steht, wird sich auch ein begeisterter Sternfreund bewusst, wie begrenzt seine eigenen Möglichkeiten oft sind. Er bewegt sich - sozusagen - auf einer gehobenen Galilei'schen Ebene.

Auch aus diesem Grund kann man, ist man weniger Amateurastronom als ganz einfacher Naturfreund, vom Anblick eines "Rasenden Schwefeleis" aus dem Sippenauer Moor, des früher dort zu findenden Sonnentaus, des skurrilen "Zackenrädchens" aus der Altmühl und des etwas alienhaft wirkenden Sack-Rädertiers aus unserem alten Kanalhafen nicht weniger fasziniert sein als von demjenigen des Kugelhaufens M 13 in einem Celestron 11. Kostet doch ein schon sehr gutes Mikroskop nur einen Teil dessen, was der Astrofreund für einen Dreizöller bezahlen muss - mit dem er aber noch keineswegs "amateurastronomischen Standard" erreicht. So erschien mir auch die belebte Natur stets voller Wunder, die auszuschöpfen ein Leben gar nicht reicht. Eines Tages stieß ich auf die zwischen "gekreuzten Polfiltern" auftretenden Interferenzfarben. Daraus resultierte eine über Jahrzehnte währende Beschäftigung mit den Geheimnissen der Kristalloptik. Das hat mich aber nie daran gehindert, ab und zu einen Planeten einzustellen oder den Blick in ferne Sternwelten schweifen zu lassen. Den schon eingangs erwähnten "Hauch von Ewigkeit" verspürt man am ehesten (oder gar nur?) bei einem Blick in die Tiefen des Alls.